Dienstag, 8. Januar 2013

7.1.12: Curriculum Walkman

März 1985: Der kleine, siebenjährige Max liegt im Bett und schläft noch nicht, weil er Musik auf seinem ersten tragbaren Musikabspielgerät hört. Umgangssprachlich nennt man diese Geräte "Walkman", aber es ist kein echter Walkman von Sony, sondern ein wesentlich größeres Gerät, wesentlich günstiger. Dafür hat er aber auch ein eingebautes UKW-Radio, und dort hört der kleine Max das erstes Lied, an das er sich noch heute erinnern kann: "When we all give the power, we all give the best, Every minute of an hour. Don't think about the rest. Then you all get the power, You all get the best. And everyone gives everything and every song everybody sings. Live is Life." Der Abspieler hatte zwei LEDs, das weiß ich noch. Die rote LED war die Betriebsleuchte und die grüne LED hat den Stereo-Empfang signalisiert. Die Kopfhörer waren klassische, kleine Bügelkopfhörer mit sehr dickem Anschlusskabel, an dessen Ende ein 3,5mm-Klinkenstecker in biblischem Ausmaß tronte. Damals gab es noch keine abgewinkelten Stecker. Danach wird die Erinnerung etwas diffuser. Ich hatte sehr sehr sehr sehr viele Cassettenplaye. Mein erstes Tapedeck habe ich zusammen mit der alten Stereoanlage von meinem Bruder wohl so um 1990 geerbt. Nix besonderes, aber ich habe die Anlage geliebt! Endlich konnte ich meine Tapes selbst aufnehmen und laut Musik hören in einem annähernden HiFi-Niveau. Bei den Cassettenplayern gab es hauptsächlich zwei große Spieler für mich: Die original Sony Walkman(s) und die Kassettenspieler von Aiwa. Sonys erster großer Wurf waren die DD-Geräte, die allerdings etwas vor meiner Zeit waren. Ich bin dann glaube ich mit einem Aiwa eingestiegen. Mein erster Aiwa hatte zwar schon Auto-Reverse, aber noch keine Fernbedienung. Und wie bei fast allen guten Playern hatte auch mein erster Aiwa bereits das angedockte Batteriepack. Wahlweise konnte man einen Flachakku reinstecken oder zwei Micro-Batterien. Dann kamen diverse weitere Aiwas, die ich alle gebraucht erworben habe, entweder beim W&W, beim Mischa oder einem anderen der in den frühen 90er zahlreichen Second Hand Shops. Bei den Kopfhörern ging der Trend zu den In-Ohr-Hörern. Hier galten Gesetze, die teilweise noch immer für Kopfhörer gelten: Für 5DM hast Du nur Schrott bekommen, und die gefälschten Aiwa-Kopfhörer sahen den echten zwar ähnlich, wurde aber schon nach wenigen Takten Musik enttarnt. Also musst man schon so 15DM aufwärts in ein paar ordentliche Kopfhörer investieren. Die Stecker waren endlich abgewinkelt und kompakter. Zur sicheren Aufbewarung gab es häßliche, kleine "Kabeltrommeln" für die Ohrhörer. Von 1990 an verkaufte Nintendo seinen Gameboy in Europa und lieferte diesen mit Ohrhörern aus, die blau und rot codiert waren für links und rechts. Für die Hintergrundmusik von Tetris hat aber eigentlich niemand Kopfhörer gebraucht, sodass die Hörer auch hin und wieder an Walkmännern benutzt wurden.
Auto Reverse, Dolby B, Dolby C, Bandwahlschalter, Fernbedienung, immer kleiner. PLL Synthesizer Tuner. Technik kehrt in die kleinen Geräte ein, sie wurden filigraner, edler und empfindlicher. In der Jeanshose wurde der Player natürlich schön gequetscht und gestaucht, und so haben bei mir fast alle Walkman ihre Schräubchen verloren und sind langsam auseinandergefallen. Zum Glück hatte ich immer ein paar Ersatzschräbchen parat. Kleine Kreuzschlitzschrauben, die ich mit der Spitze meines Schweizer Messers in die Geräte einschrauben konnte. Was nicht exakt gepasst hat wurde passend gemacht. Meine Mitstreiter in Sachen Walkman waren der Comaschlumpf, mein Tischnachbar Thomas und ab 1993 auch der Neptun. Comaschlumpf hatte lange einen Sony Walkman, der an Stelle der oben erwähnten Flachakkus mit einer Mignon auskam, die den Walkman allerdings keilförmig machte. Thomas hatte diverse Aiwas und war mir immer ein Schritt voraus. Neptuns Topmodell war ein ganz flacher, aber großflächiger Sony Walkman mit Display neben dem Kassettenfach. Und dann kamen sie irgendwann: Die tragbaren CD-Player. Groß, schwer, nicht schüttelresistent aber mit zwei entscheidenden Vorteilen: 1. Perfekter Klang 2. Man kann in Sekundenbruchteilen zu jedem beliebigen Lied auf der CD springen. Einfach nur geil. Der Walkman hatte einen harten Gegner bekommen. Ausserdem wurden die tragbaren CD-Player flacher und leichter, bekamen irgendwann ESP, die electronic shock protection. Der PCM-Strom wurde zwischengepuffert. Doch war diese Entwicklung bereits zu spät. Ein neue Stern am tragaren Playerhimmel war aufgegangen. Die Minidisk war eine brutale Kampfansage an die beiden existierenden Medien: kleiner als eine Kassette, kleiner als eine CD. Gleiche Kapazität wie beider CD. Und: BESPIELBAR. Die MD war eine magneto-optische Scheibe, die mittels LASER erhitze wurde und dann magnetisiert wurde wie ein Tonband. Durch Abkühlen war die Scheibe wieder fixiert und man hatte ein komprimierte Abbild seiner CD. Dazu konnte man noch den Titel eingeben, eine Technik, die bei der CD als CD TEXT auch kurz darauf eingeführt wurde. Mein erster MD-Player war ein cooles Gerät, ich glaube von Sanyo oder so. 1994 hatte ich bereitsüber 50 bespielte Minidisks mit im Urlaub und zusammen mit Comaschlumpfs Harman Kardon Verstärker haben wir echt gute Stimmung in unserem Zelt gehabt. Juli 1995: Der vom Fraunhofer Institut bereits 1982 entwickelte Kompressionsalgorithmus bekommt seinen Namen als Datei-Endung: Zu diesem Zeitpunkt können nur wenige Menschen etwas mit dem Begriff MP3 anfangen. Eine meiner ersten MP3-Files habe ich wohl so im Jahr 1999 auf dem Rechner gehabt. Damals wurde sie auf MD überspielt. Es war "Out of Space" von Prodigy. Zu diesem Zeitpunkt hätten Sony und die Mitbewerber im Minidisk-Markt reagieren müssen, denn in Cupertino wurde ein Siegeszug vorbereitet, dessen Beben heute noch zu spüren ist. Die Geschichte wäre anders geschrieben worden, wenn 1. Minidisk früh für MP3s-Wiedergabe freigegeben worden wären und wenn 2. die Minidisk kein so ein einschränkendes Kopierschutzsystem gehabt hätte. Ein anderes System hat mit einer digitalen Version der Compact Kassette auf ein falsche Pferd gesetzt: Die DCC von Phillips war technisch aufwendig und kein großer Erfolg.
So machte es im Oktober 2001 "Bumm" und schon war der erste iPod am Markt. In weiß, mit weißen Kopfhörern, ohne abgewinkelten Klinkensteckern. 5000 Megabyte, also Platz für über 1000 Lieder. Und das ohne ein Speichermedium zu wechseln. Mit dem Scrollrad war das Navigieren durch sehr große Musiksammlungen superleicht, und nur der Preis konnte den krassen Erfolg des iPod noch dämpfen. Mir war der iPod viel zu teuer, und so habe ich mir einen Archos MP3-Player mit 20GB-Festplatte gekauft, das war glaube ich 2003. Der konnte zusätzlich noch DivX-Videos abspielen und sogar auf dem Fernseher ausgeben. Wahnsinn. Leider war der Audioteil nicht ordentlich geschirmt, und man konnte die Festplatte in den Kopfhörern hören. Als Zubehör habe ich dem Archos Player dann später noch eine Kabelfernbedienung spendiert, in die auch ein kleiner UKW-Radio integriert war. 
Dann kam mein Arbeitskollege Daniel und hat mir seinen "alten" iPod der 5. Generation mit 80GB verkauft. Ein Quantensprung.  Während der Archos eher zweckmäßig aufgebaut war war der iPod kleiner, stylischer und besser zu bedienen. Neben MP3s kann er auch Apple Lossless abspielen und diverse MP4-Videos. Das Format Podcast entstand 2003 und fand auf den iPods eine rasche Verbreitung. Der ab der 6. Generation "classic" genannte iPod mit seiner magnetischen Festplatte sollte aber auch wieder Konkurenz von zwei Seiten bekommen: Von der einen Seite wurden die HDDs vom Flash-Speicher angegriffen und von der anderen Seite zogen dunkle "Wolken" über die Nutzer mobilen Audios: Das Ergebnis sind Geräte, die online sind und keinen großen Speicher mehr brauchen. Eine 1,8" große Festplatte wie in dem iPod nimmt mehr als die Hälfte des Volumens des Players ein, Platz, den man eigentlich für ein gigantisches Display bräuchte. So wird der Platzhirsch, der selbst den Fall der Minidisk eingeleitet hat von einer neuen Geräteklasse abgelöst: Dem Smartphone. Sei es ein iPhone oder ein Android, Musik abspielen können sie mitlerweilse alle, wobei es hier deutliche Unterschiede im Klang gibt. Da ist aber scheißegal, weil die nutzende Generation gerne Musik über kostenlose Angebote im Netz hört. Das kann z.B. Youtube sein. 
Ich bleibe noch bei meinem iPod 5G und habe mir parallel dazu noch einen Colorfly C3 gekauft, den ich morgen endlich bekomme. Seit ich meine Ultimate Ears Kopfhörer habe ist es mir noch wichtiger, einen Player zuhaben, der guten Sound liefert. Der iPod ist passabel und von dem Colorfly erwarte ich, dass er mich vom Hocker haut. Ich bin gespannt.

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