World Klapp in Berlin. Dieses Jahr wurde der Wettkampf mit dem Oberlippenbart und den 70er-Jahre-Rädern in Berlin ausgetragen. Von der Bahn in Ludwigshafen ging es direkt in die Hauptstadt, wo zwischen Reichstag und Brandburger Tor ein Vierer-Mannschaftszeitfahren ausgetragen wurde.
Es wirkte schon etwas befremdlich: Im Tross der World-Klapp-Veranstalter - sie hatten einen kompletten Reisebus gechartert - befanden sich die festen Institutionen des World Klapp: Udo Scholz, der Sprecher des World Klapp, der auch schon für den BVB und den FCK als Stadiosprecher gearbeitet hat. Er gilt als der Erfinder des Slogans "Zieht den Bayern die Lederhosen aus". Mit im Bus reisen durfte auch König Bansah, der wie jedes Jahr den Schwur der Klappradathleten abnimmt und entsprechend verehrt wird.
Beim World-Klapp fehlen dürfen natürlich auch nicht elfmorgen, die mit "Das Leben ist hart ohne Oberlippenbart" jedes Jahr eine Art Hymne des World Klapps zum besten geben. Die Hymne von Ludwigshafen - hevorragend playback interpretiert von Hans Freistadt, dem singenden Box-Europameister - darf natürlich auch nicht fehlen auf der Straße des 17. Juni. Dann gibt es noch die Cheerleader, und den 20-Zoll-Beamten sowie Rainer Klapp, der entweder die Bartwuchsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt oder auch noch mal Hand anlegen kann bei einem Oberlippenbart, der sich nicht entscheidend absetzen kann vom restlichen Bart.
Kurz gesagt: Man steht in Berlin und fühlt sich gleich wie zu Hause.
Das Rennen selbst führte dann über die "Merkel-Raute" auf einem 3 mal zu absolvierenden 1,9km Carré durch die City. Es gab wie es sich für ein Zeitfahren gehört eine Startrampe, und das Ziel war das Selbe wie beim Velothon am Tag darauf. Mit dessen Hilfe konnte man das Event dann wohl auch so groß und an so einem prominenten Ort ausrichten. Zeitnahme, Startnummern, Strecke. Bei vielem war auch die Handschrift und die Schirmherrschaft der Velothon-Macher zu erkennen. Und trotzdem war es eine wechselseitige "Befruchtung". Die Klappradler haben glaube ich viel Farbe in das Velothon-Wochenende gebracht.
Wie es beim World Klapp (und wahrscheinlich auch beim Kalmit Klapprad Cup) üblich ist, findet man beim Wettkampf ein breites Leistungsspektrum. Wer gewinnen will, braucht extrem gutes Material und muss auch extrem fit sein. Die Sieger, die Madkinxx aus Berlin, haben die ca. 5,7km lange Strecke in 8:18 absolviert. Wer das richtig in den Taschenrechner eintippt, kommt auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 41,2km/h. Unser Team klABBA kam mit 59s mehr Zeit auf den zehnten Platz. Wir hatten immerhin noch so um die 36,8km/h im Schnitt. Der Trick war hier die richtige Auswahl der Übersetzung. Ich fuhr leider eine ein bisschen zu lange Übersetzung und beschleunigte aus den Kurven zu zäh heraus. Sollte es noch einmal in dieser Form stattfinden, dann würde ich wohl von 70/16 auf 70/17 wechseln. Neben den sportlichen Leistungen ist der World Klapp immer auch eine schillernd bunte Klappradschau: Die Fahrzeuge sind teilweise sehr aufwändig mit Liebe zum Detail aufgebaut und restauriert. Neben dem funktionalen Tuning wie z.B. einer angepassten Übersetzung, umgeschweißten Sattelstützen oder kreativen Lenkerpositionen findet man auch bunt gepulverte oder mit Blumen besetzte Rahmen. Man kann fast für umsonst seinen alten Kellerfund wieder flott machen oder viel Geld bei eba* und beim Aufbau ausgeben. Alle sind willkommen.
Am nächsten Tag bot sich den Teilnehmern des World Klapp noch eine weitere exklusive Option: Wir durften aus dem VIP-Block heraus mit unseren Klapprädern beim Velothon starten. Rund 45 Klappradler zogen diese Option und waren die Exoten unter 13000 angemeldeten Rennradfahrern. Der VIP-Block befand sich an vorderster Stelle, sodass jeder, der nach vorne fahren wollte auch an uns vorbei fahren musste. Aber wir waren teilweise sehr zäh! Ich war beispielsweise mit durchschnittlich 34,66km/h unterwegs und habe mit dem Klapprad so ca. den 450. Platz von rund 4000 Finishern auf der 63km-Strecke gemacht. Respekt wurde uns nicht nur wegen unserer kleinen Laufräder gezollt, sondern auch, weil wir dem Dauerregen trotzten. Ich muss zugeben, ich war auf der Tour ziemlich geflasht. Der Tacho hat ständig eine 3 oder eine 4 angezeigt, das war ziemlich geil. Dabei war es vorher echt alles ein bisschen beängstigend: Nicht nur das es geregnet hat und scheiße kalt war, da haben mir dann auch mehrere Leute attestiert, dass ich den Anstieg im Grunewald never ever mit dem Klapprad (ohne Schaltung) hochkomme. Ich hatte echt Angst, schieben zu müssen. Und die Kurve nach der Abfahrt - so berichtete man mir - überleben nur die Wenigsten. Ich war also ein bisschen nervös bis km 19, als erst die "Rampe" kam und dann die "Todeskurve". Es ging! Der Anstieg hat schätzungsweise maximal 4%, und die Kurve ist dann gefährlich, wenn da eine große Gruppe reinfährt. Ich war aber zum Glück sehr weit vorne im Feld, und ausserdem haben schätzungweise 50% der angemeldeten Teilnehmer wegen des Wetters auf ihren Start verzichtet. So blieb es für mich ungefährlich. Man muss auch sagen, dass die Teilnehmer die am Start waren so weit ich das beurteilen kann alle sehr rücksichtsvoll und anständig gefahren sind. Hut ab.
Was bleibt ist nicht nur ein halber Liter Regenwasser in meinen Carbonfelgen. Ich weiß noch nicht wie ich das wieder das rausbekommen soll. Der Rahmen selbst ist bestimmt auch noch voll mit Wasser.
Es bleibt auch meine bisher schnellste Radtour mit dem Klapprad und die Erinnerung an ein Super-Klapprad-Wochenende.
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