Dienstag, 29. September 2020

Projekt E-Klapprad

28.9.2020:

Projektbeginn mit dem Erwerb eines 1972er Europa-Steckrades. Es wird wahrscheinlich weitestgehend seinen originalgetreuen klassischen Stil beibehalten, auch weil bereits sehr viel Zubehör bei dem Kauf mit dabei war: Weißwandreifen, gut erhaltene Felgen, und auch Lenker und Sattel machen noch einen ganz ordentlichen Eindruck

hier noch mit Weißwandreifen

29.9.2020:

Bafang Mittelmotor bestellt. Mein Plan ist es, diesen ins Thompson Tretlagergehäuse einbauen zu können. Dieser Nachrüstmotor benötigt nämlich kein Gewinde im Tretlager und klemmt sich quasi über sein eigenes Gewinde fest. Nachteil des Antriebs ist jedoch, dass ein Freilauf integriert ist, und dann man dadurch leider keine Rücktrittsbremse realisieren kann. Zu diesem Zweck habe ich mir bereits vor einiger Zeit eine Dreigangnabe mit integrierter Trommelbremse gekauft. Diese wird dann wohl in die Chromfelge eingespeicht.

3.10.2020:

Das Motorset ist gestern gekommen und wurde von mir an das Klapprad montiert. Bis auf den Speed  Sensor gab es keine großen Probleme. Die Hardware von Bafang macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck und die proprietären Steckverbinder  wirken erst mal ganz gut. Der Speed Sensor selbst scheint defekt zu sein, ich habe kurzerhand das Kabel abgeschnitten und einen Tachosensor angelötet. Zack, funktioniert. Die Akkus habe ich erst mal provisorisch verklemmt und an den Gepäckträger getaped. Da Set aus 2x 18V 7,5Ah kommt gut mit der Last des BAFANG klar, die in der Spitze wohl weniger als 10A betragen dürfte. Im Kabelbaum ist jetzt noch ein Shift Sensor Stecker frei, der Sensor lag dem Set nicht bei, wird aber glaube ich auch nicht zwingend benötigt. Wenn man die geplante  Dreigangnabe mal schaltet, muss man sich halt  bewußt sein,  dass man mal kurz zu treten aufhört. Mit Sensor würde dann der Antrieb automatisch kurz unterbrochen.

zweckmäßiges Display
Als ich dann die 1,75er Weißwandreifen montiert habe, die schön unwuchtig auf den ollen Chromfelgen sitzen, habe ich entschieden, dass die schmalen Reifen des (defekten) blauen Klapprades  vielleicht die bessere Wahl sind, genau wie die Schutzbleche, die Bremse und  die Kombination Sattelstütze / Brooks-Sattel. Und wenn man schon mal dabei ist, macht auch der Tausch des Vorbaus und des Lenkers Sinn...

Am meisten Kopfzerbrechen macht mir noch die Finale Akkuhalterung. Sie sollten schnell zu montiern sein und die Grundplatte sollte nicht so schwer und kompliziert sein. Die Integration einer Sicherung wäre auch nicht schlecht. Ausserdem sollten die Kontakte mechanisch entkoppelt sein, damit Vibrationen nicht übertragen werden. Mal sehen was sich in der Werkstatt so improvisierenlässt. 

Akku + Tape

4.10.2020:

Ich habe jetzt die schmalen Reifen des (ehemaligen) Blauen Klapprades montiert, ebenso wie angekündigt auch die Sattelstütze und den Sattel. Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Vorbau und der Lenker, und so wie der Original-Vorbau flext, macht es glaube ich auch Sinn, diesen zu tauschen. 

Die Beleuchtung ist mittlerweile auch an den dafür vorgesehenen Ausgang des Motorgehäuses angeschlossen und läßt sich jetzt ganz bequem vom Lenker aus ein- und ausschalten. Parallel zur Hintergrundbeleuchtung des Displays, was ich ganz sinnvoll finde. 

Das Rad geht jetzt auch echt ganz gut vorwärts, auch wenn die Duomatic nicht wirklich die richtige Wahl ist. Der Bafang fühlt sich wohl bei einer Kurbeldrezahl von knapp 80 UPM am wohlsten, sodass ich je nach Steigung / Gefälle schalten muss. Das geht dann wie folgt: Aufhören zu Treten, linkes Pedal hoch, mit rechtem Fuß auf's Kettenblatt und Kette bis in den Rücktritt, also in den Schaltpunkt der Duomatic zurücktreten. 

Anbauteile geerbt vom blauen Klapprad


12.10.2020:

Heute eine kleine Testfahrt unternommen. Von Bärstadt nach Hausen, ca. 100 Hm mit bis zu 10%. Das elektrische Klapprad schafft mit der aktuellen Übersetzung hier ein Tempo von ca. 17 km/h, da muss man aber noch ein bisschen dazu bolzen. Gefühlt würde dem Fahrzeug eine etwas kürzere Übersetzung gut tun, diese realisiere ich hoffentlich bald mit der 3-Gang-Nabe von Sturmey Archer. Dazu muss ich jetzt aktuell noch deren Anbauteile bekommen sowie eine Felge und passende Speichen. Die Akkus liegen derzeit noch auf dem Gepäckträger und sind nur mit einem Expander gesichert. Die Kontakte sind mit 6,3mm-Kabelschuhen und einem Stück NYM-Leitung verbunden, was dann bei einem mini-Schlagloch direkt mal einen "Netzwischer" verursacht hat. Da stehste dann auf einmal komplett im Dunkeln, mitten im Wald zwischen Hausen und Bärstadt. Auf einmal knackt es um dich herum und du wirst klein. Sekunden, in denen man nach dem Handy und seiner Taschenlampenfunktion fischt, werden zur Ewigkeit. Vielleicht sollte ich die nächste Probefahrt mit fixiertem Akkupack machen :-)

dezenter Antrieb mit vielen Kabeln

Ich habe jetzt mal die Regelung "auf" gemacht, sodass der Motor den maximalen Strom ziehen darf. Hier zu würde es sich glaube ich anbieten, eine Probefahrt mit Stromzange und Loggin-Multimeter zu unternehmen, und herauszufinden, wieviel Strom das Bike verbraucht. 7,5Ah sind schnell leer, wenn der Regler beispielsweise permanent 20A aus den gefakten Makita-Akkus zieht...


14.10.2020: Heute kam die AKAI Hinterradfelge. Als nächstes muss ich passende Speichen für sie und die Sturmey Archer Nabe bestellen, und dann kann es losgehen...


21.10.2020: Heute ist dann erstmal die neue Sturmey Archer AB 3-Gang-Nabe mit Trommelbremse eingetroffen, und gleichzeitig auch ein Satz Speichen und Nippel. Das Ganze kann ich also in einer ruhigen Minute zu einem neuen Laufrad zusammenfrickeln. Da bin ich jetzt schon gespannt wie ein Flitzebogen, ob das funktioniert und wie das Bike dann fährt...

27.10.2020: Das Hinterrad ist zusammen- und eingebaut. Es fährt sich gut und ist mit dem 19er Ritzel extrem kurz übersetzt. Das macht das Klapprad extrem steigfähig und neigt sogar leicht zum Wheelie im ersten Gang, wenn man den Daumenschalter betätigt. Dafür ist die Höchstgeschwindigkeit nicht mehr wirklich viel größer als 30 km/h. Aber am Ende soll das Rad ja auch bei 25 km/h "abriegeln".

Ausserdem sind die Halteschalen für die Makita-Akkus gekommen, und ich habe entschieden, das Risiko einzugehen, die Schalen fest am Gepäckträger zu montieren, sodass man die Akkus von oben aufschiebt. Der Feind dieser Methode sind natürlich die während der Fahrt auftretenden Vibrationen, von denen ich vermutlich nur einen Teil mit den Puffern abfangen kann, die ich heute bestellt habe. Aber wir werden sehen, wie lange das Ganze hält...


30.10.2020: Die Schalen habe ich heute wie geplant montiert und eine Probefahrt unternommen. Sie haben die ersten 10 km gut ausgehalten und ich konnte ohne "Stromausfall" fahren. Unebenheiten klappern dezent, sodass ich mal davon ausgehe, dass einige Vibrationen von den Gummipuffern abgedämpft werden. Zur Sicherheit fixiere ich die beiden Akkus noch mal mit einem kleinen Expander, auch weil die Akkus in den Schalen ein bisschen Spiel haben. Als nächstes steht jetzt noch ein Nachspeichen des Hinterrades an, hier muss ich ggf. sogar die Speichen tauschen. Irgendwie habe ich wohl beim Konfigurieren der Speichen die beiden Flanschabstände zur Mitte vertauscht, sodass das Rad jetzt nicht mittig ist. Die Übersetzung darf glaue ich auch noch etwas länger werden, weil Steigungen bis 10% locker im dritten Gang gefahren werden können. Dann lieber den Zweiten (also den Direktgang) so lang machen wie den Dritten jetzt, das macht vermutlich mehr Sinn. Zu guter letzt muss ich noch mal mit dem Laptop dran und auf jeden Fall das Ansprechverhalten auf die Kurbelimpulse abschwächen. Kurzes Bewegen der Kurbel führt mitunter dazu, dass das Fahrrad beim Rangieren losschießt. Die Nachlaufzeit kann auch kürzer gestellt werden. Hier stelle ich also fest, dass die Default-Werte von Bafang besser gewählt waren als meine Änderungen. Dann muss ich noch mal auf die Strombegrenzung in den Stufen schauen, weil auf der höchsten Stufe die Unterstützung geringer ist als mit dem Daumengas. Von meinem Verständnis her müsste das aber gleich sein.

1.11.2020: Erste "produktive" Asufahrt mit dem elektrischen Klapprad. Über rund 400 Hm und 17 km ging es zum Bäcker und zurück. Die beiden Makita-Akkus waren nach der ca. 50-minütigen Fahrt leer. Leer bedeutete dann eine Spannung von ca. 17,5V pro Akku, hier könnte man also ggf. die Einstellung für die Abschaltschwelle der Steuerung auf eine niedrigere Spannung stellen. Ganz leergefahren hätte ich den Akku vermutlich auch dann nicht, wenn ich auf den Gebrauch des Daumengases verzichtet hätte. Hier bekommt der Motor mehr Leistung als beim Unterstützungsbetrieb, auch wenn ich die Unterschiede derzeit noch nicht beziffern kann. Ich werde also jetzt mal unter der Woche ein paar Anpassungen vornehmen und dann am nächsten Wochenende erneut eine Fahrt zum Bäcker unternehmen.

5.11.2020: Das 19er Ritzel habe ich durch ein 15er ersetzt, und jetzt ist das Klapprad schon ziemlich perfekt. Die Fahrstufen habe ich auf 7 erhöht:

Stufe Strom
1 40%
2 60%
3 80%
4 85%
5 90%
6 95%
7 100%

Damit kann ich gut testen, wie sich im oberen Strombereich die Leistung ändert. Vermutlich sind 80% wesentlich effektiver für die Akkulaufzeit als 100%. Heute bin ich jedenfalls auf meiner Probefahrt mit dem Akku durchgekommen. Knapp 20km und etwas mehr als 300 Höhenmeter.  

Die Spannungsgrenze habe ich jetzt auf den niedrigsten Wert eingestellt. Als ich die Akkus dann eben entnommen habe, hatte der eine Akku 17,1V und der andere 16,7V - das entspricht Zellenspannungen von 3,34V/3,42V. Das sind also noch keine kritischen Werte. 

6.11.2020: Heute ist der Akku nach 29,5km leer gewesen, mitten im Berg, als ich gerade durch Schlangenbad nach Hause fahren wollte. Ich denke, ich hätte den (moderaten) Anstieg über die B260 nicht auf Stufe 3 sondern auf 1 oder 2 fahren sollen, dann wäre ich sicherlich mit der Akkuladung bis nach Hause gekommen. Ausserdem habe ich dann entschieden, dass ich zwischen "0" und "1" vielleicht noch eine Stufe einbaue, damit man mit ganz wenig Unterstützung noch weiterfahren kann. Vielleicht 25%, dan, 50%, 75%, 80%, 85%, 90%, 95%, 100%  - oder 20,45,70,75,80,85,90,95,100, denn dann hätte ich alle 9 Stufen belegt.

9.11.2020: Ich hatte es schon befürchtet. Die Speichen sind zu dünn für die Löcher im Nabenflansch. Zwei Speichen sind bereits gerissen, sodass ich jetzt wohl diesen Umstand und die Tatsache, dass ich ohnehin nicht die korrekten Längen hatte nutze, um einen Satz neue Speichen zu bestellen und einzubauen. Lust habe ich keine, aber es muss sein. Dann am besten gleich 2,2mm-Speichem, denn auf's Gewicht kommt es bei dem Projekt ja eh nicht an.

Strombegrenzung in den einzelnen Fahrstufen (%)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

die neuen Leistungsstufen (rot) habe ich jetzt wie im Bild angepasst. Die wichtigsten Fahrstufen sind 1,2 und 3, danach passiert meiner Meinung nach nicht mehr viel. Diese drei Stufen sind jetzt schwächer als beim alten Setup (blau), sodass ich sparsamer fahren kann. So der Plan. Für die Fahrt heute hat es am Anstieg von Fischbach nach Hausen leider trotzdem nicht mehr ganz gereicht mit dem Akku. Aber es ist trotzdem krass, wie locker ich mit dem Rad diese bergige Runde heute absolvieren konnte. 

14.11.2020: Gestern Abend habe ich mich in die Werkstatt eingesperrt, den Bullerjahn angeworfen und dabei Fernsehen geschaut und die neuen Speichen ins Hinterrad eingespeicht: Die neuen Sapim Strong sind am Kopf 2,3mm dick und an sonsten 2mm. Ich glaube das Laufrad ist jetzt super stabil mit seinen 36 Speichen. Den Freilauf der Sturmey Archer habe ich bei der Gelegenheit auch mal ein wenig nachgefettet, und dann habe ich es mir nicht nehmen lassen, eine kurze Probefahrt nach Hausen zu unternehmen. Die Akkus waren schön warm und ich bin dann man auf Stufe 9 gefahren. 20 km/h zum Dreispitz hoch, im flachen dann bei 27 km/h abgeriegelt. Die Reifen waren aber frisch aufgepumpt, und so konnte ich aus eigener Kraft bergab über 40 fahren. Der Anstieg raus aus Hausen zu Kuppe Richtung Kiedrich dann auch wieder knapp 20 km/h. Zurück in Bärstadt bin ich dann noch mal weitergerollt nach Wambach und von dort wieder nach Bärstadt zurück. Mit gedrückten Daumenschalter hier immer so um die 30 km/h, es geht nur moderat bergauf, im Schnitt 2,5%. Zurück in der Werkstatt waren die Akkus dann so bei 35,8V, und der BAFANG-Motor war trotz 9°C Außentemperaturen handwarm. Die Leistungsanzeige am Display zeigte teilweise eine Leistung von 400 Watt an, wobei das so weit ich weiß die Eingangsleistung (Strom * Spannung) ist. Bei einem Wirkungsgrad von maximal 80% kann das also bedeuten, dass die Leistung am Antrieb dann nicht über 250W beträgt. Aber 250W zu der Leistung, die man selbst treten kann ist halt relativ viel und bleibt beim Fahren nicht unbemerkt.

14.11.2020: Heute habe ich mir eine "Hutze" für die Akkus gebaut, die zum Einen die Akkus vor Regen und Dreck schützen, und zum anderen die Temperatur der Akku bei kalten Temperaturen etwas höher halten soll. Letzters hat heute gut geklappt, ohne dass ich jedoch eine weitere Reichweite gehabt hätte. Aber die Akkus waren handwarm, als ich sie aus der Hülle geholt habe.

17.11.2020: Heute etwas mehr mit der Akkuleistung gehaushaltet und die Batteriekapazität über die Teststrecke von 30km und 550Hm gebracht. Die Zeit war etwas schneller als das, was ich aktuell mit dem Rennrad brauchen würde, bei gefühlt weniger Anstrengung. Und mit 2,5 Gängen. Der dritte Gang rutschte leider bei größerer Last durch, sodass ich fast alles in den Gängen 1 und 2 gefahren bin. Die beiden ersten Anstiege habe ich in Stufe 1, also mit einer Strombegrenzung auf 4A absolviert, sodass ich am letzten Anstieg noch vier von fünf Balken im Display hatte, also konnte ich ab dort auf die "3" gehen, und das hat dann auch bis zu Hause gehalten. Die Akkus waren dann bei 34V, also wirklich noch nicht ganz leer. Jetzt muss ich halt mal die Sturmey Archer auseinanderbauen und schauen, ob Ölen reicht oder ob ich Bauteile ersetzen muss.

18.11.2020: Der Defekt ist lokalisiert. Das Sonnenrädchen ist in der Mitte durchgebrochen, und auch die vier Planten sehen nicht mehr so frisch aus. Ich habe kurzerhand den Plantenkäfig und das Sonnenrad samt Achse meiner anderen Sturmey Archer Nabe genommen, den ganzen Kram neu geölt und wieder zusammengeschraubt. Die erste Probefahrt war erst mal ok, jetzt hoffe ich natürlich, dass die Schaltung jetzt ein bisschen länger hält. Ich weiß natürlich nicht, ob die Nabe vielleicht schon angeknackst war, schließlich habe ich sie ungesehen verbaut. Insgesamt war es aber mal eine schöne Lehrstunde, die Nabe zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen.

19.11.2020: Heute kam der neue Bremszugsatz, den ich dann abends gleich eingebaut habe. Ich muss sagen, seit der Bremszug (weil er zulang ist) nicht mehr einmal ums Steuerrohr gewickelt werden muss, ist der Druckpunkt der Trommelbremse sehr gut. Das hat mich bei der heutigen Probefahrt sehr überzeugt und die Tatsache, dass die Nabe immer noch hält nach der Reparatur. Ich würde das Fahrrad im jetzigen Zustand als zu 95% fertig bezeichnen.


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